Über 85.000 Euro Spendensumme für Kinder und Jugendliche

Bundestags-Vizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) hielt die Festrede

Film Jahresköste 2023 ansehen: https://www.youtube.com/watch?v=IhDwQZBmGeY

Rostock. Am Freitagabend trafen sich rund 220 Mitglieder und Gäste der Rostocker Kaufmannschaft zu Rostock e.V., um nach Jahrhunderte altem Vorbild die sogenannte Jahresköste zu feiern und Spenden zu sammeln. „Wir können die Welt, in der die Menschenwürde täglich angegriffen wird, heute Abend nicht retten. Aber wir haben die Chance, unsere kleine Welt ein bisschen besser zu machen“, forderte Öllermann Kai Rocholl (Norddeutsche Grundstücksauktionen AG) beim Empfang im Rathaus die Kaufleute auf, für Kinder und Jugendliche in Rostock großzügig Spenden zu sammeln.

Der Spendenzweck sei gut gewählt, meinte Bürgerschaftspräsidentin Regine Lück (Die Linke), die die Gäste im Rathaus begrüßte. In Rostock, so Lück, leben derzeit rund 2700 sogenannte Bedarfsgemeinschaften mit Kindern, die Bürgergeld erhalten. Im Vergleich zum Vorjahr sei die Zahl um 13 Prozent gestiegen. Allen Kindern gleiche Entwicklungschancen zu ermöglichen, sei ein großartiges Anliegen. Nach dem Auftakt im Rathaus ging es zum Festmahl ins Radisson Blu Hotel, mit plattdeutschem Gelagespruch, Lautertrunk, Ochsenschwanzsuppe, Rippenbraten und Reden zwischen den Gängen.

Das Spendenergebnis des Abends übertraf die Erwartungen: Mehr als 85.000 Euro wurden gesammelt. Öllermann Kai Rocholl zeigte sich gerührt und dankte herzlich allen Teilnehmern. „Chapeau“ für das bürgerschaftliche Engagement, gratulierte Bundestags-Vizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP), der als Festredner zum großen Event in Rostock eingeladen war.

Die Kaufmannschaft „ist mir als Muss für meine Karriere“ ans Herz gelegt worden, meinte Kubicki launig. Denn Politikerinnen und Politiker wie Angela Merkel (CDU) und Olaf Scholz (SPD) hätten erst nach dem Auftritt als Gastredner bei der Jahresköste ihre hohen Ämter angetreten.

Einen Nordstaat wolle er nicht gleich ausrufen, scherzte er. Aber natürlich verbinde die Ostsee zwischen Kiel und Rostock, gebe es keine Grenze zum „echten Norden“, dem Werbeslogan von Schleswig-Holstein. Mit seinem Boot, so erzählt er, hätte er schon einige Male Warnemünde, Kühlungsborn, Darß und Rügen angesteuert. Wenn Sturm- und Wasserschäden entlang der Küste dreistellige Millionenbeträge erreichen, sei der Norden eine „Schicksalsgemeinschaft“, die in Berlin keine Beachtung findet. Das wolle er im Bundestag demnächst ansprechen.

Kubicki kritisierte vor der Unternehmerschaft „wachsende staatliche Vorgaben“ und die um sich greifende „Planwirtschaft“. Er sprach auch über Migration und Integration, die nur dank engagierter Bürger bislang noch gut gelaufen sind. Denn Millionen Menschen seien ins Land gekommen, ohne dass es ein deutliches Plus an Schulen, Kitas, Wohnungen und Lehrer gegeben hätte. Jetzt komme es darauf an, „den Zuzug so schnell es geht zu begrenzen“. Kubicki erhielt langen Applaus, auch von Teilnehmern aus dem Partnerprogramm, die erstmals live zugeschaltet die Festrede hören konnten.

Traditionell hatte zuvor der Erste Schenke Volker Redersborg (Manager der Reederei F. Laeisz GmbH) die Aufgabe, die Wirtschaftssituation der Hansestadt aus Sicht der Kaufleute zu bewerten. Er bescheinigte Rostock eine gute Entwicklung, wünschte sich aber mehr Mut im Rathaus bei Entscheidungen für Wohnraum und weniger Bürokratie. Mit Sorge sah er auf die Arbeitskräftesituation und bemängelte, dass die Zahl der in der Verwaltung arbeitenden Menschen überproportional zur Einwohnerzahl zunehme. Als eine der Ursachen sprach er die Regulierungswut in Brüssel und Berlin an. Auch Unternehmen müssten zusätzlich Menschen beschäftigen, um neuen Gesetzen zu entsprechen.

Oberbürgermeisterin Eva-Maria Kröger (Die Linke), erst seit Jahresbeginn im Amt, bedankte sich für die freundliche Einschätzung. Es gäbe wegen der demografischen Entwicklung überall das Problem mit menschlichen Ressourcen. 40 neue Stellen seien im Rathaus allein wegen der vorgeschriebenen doppelten Buchführung geschaffen worden. Sie werde aber weiter mit Optimismus an ihre Arbeit gehen, Prozesse verschlanken, entschlacken und digitalisieren. Zum Thema Wohnraum sagte sie: „Wir müssen größer denken, auch über die Stadtgrenzen hinaus zusammenarbeiten.“ Die Oberbürgermeisterin bedankte sich bei den Kaufleuten herzlich für das karitative Engagement für die Stadt.

Das Spendengeld wird in den nächsten Monaten an verschiedene Vereine gehen. Rund 35.000 Euro erhält der Verein „Wohltat“, der dringend moderne Kühlanlagen benötigt. Der Verein betreibt die Suppenküche in Rostock und versorgt täglich rund 200 Obdachlose mit Essen. Zudem werden auch Kinder aus benachteiligten Familien mit einem Frühstück versorgt. 30.000 Euro sind vorgesehen für die Jugend- und Begegnungsstätte „Fischkutter“, die auf dem Gelände der Kirchengemeinde Toitenwinkel seit 25 Jahren ein zu Hause hat. Dort soll ein Spielplatz gebaut werden. Eine Förderung wird es auch für den Verein des Konservatoriums geben.